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Wagenhausen

Luftaufnahme von WagenhausenDie Herrschaft Wagenhausen vereinigte im Mittelalter etwa die gleichen Örtlichkeiten wie heute die politische Gemeinde. Schon aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gibt es vereinzelte Urkunden, aus denen hervorgeht, dass die zähringischen Herren von Hohenklingen als Vögte die Herrschaft Wagenhausen verwalteten. Der Vogt vereinigte im Mittelalter die Berufe Polizist, Richter und Steuereintreiber. Auf Grund der mittelalterlichen Rechts- und Gesellschaftsordnung waren die Besitzverhältnisse der Herrschaft Wagenhausen recht kompliziert. So gab es zum Beispiel auch noch Untertanen und Besitzungen des Klosters Wagenhausen. Diese waren einer eigenen Gerichtsbarkeit und Verwaltung unterstellt.

Am 19. Juni 1483 verkaufte Ulrich von Hohenklingen nach langem hin und her die Vogtei Wagenhausen für 800 Gulden an Heinrich von Roggwil. Der Besitz der Herrschaft Wagenhausen brachte den Herren von Roggwil mehr Verdruss als Gewinn. Die Leute dieser Herrschaft scheinen kein bequemes Untertanenvölklein gewesen zu sein. Um die Einkünfte aus der Vogtei musste fast immer gestritten werden.

Hans Jakob von Roggwil, der wahrscheinlich der Erbauer des Wagenhauser Schlosses ist, verkaufte am 22. Mai 1561 sein stolzes Haus am Rhein, das Dorf Wagenhausen, Klingenriet, Kaltenbach, Gross- und Kleinbleuelhausen, Etzwilen, Richlingen, den Speckhof, Buchhof, Allenwinden und das «Guggenhuser Hus» an Wilhelm von Fulach, Ratsherr zu Schaffhausen, zum Preis von 5252 Gulden 15 Schillinge und 8 Pfenningen. Doch bereits 11 Jahre später wurde die gesamte Herrschaft samt neu erstelltem Hofgut Steinbach für 6100 Gulden, Schaffhauser Währung, weiterverkauft. Nach weiteren zwei Handänderungen kam unsere Gemeinde in den Besitz der Stadt Stein am Rhein. Der Kauf der Steiner unter Bürgermeister Thomas Vischer erfolgte am 6. September 1575 um 9300 Gulden, Konstanzer Währung. Die Herrschaft Wagenhausen blieb, obwohl in der Landschaft Thurgau liegend, bis zum Zusammenbruch der alten Ordnung 1798 Untertanengebiet der Stadt Stein am Rhein.

Trotz der Befreiung aus dem Untertanenverhältnis begann auch für die Einwohner unserer Gemeinde eine schwere Leidenszeit. Einerseits war unklar, wie es politisch und organisatorisch weitergeht, andererseits wurden die Einwohner unserer Gemeinde auch von den Wirrnissen und Übergriffen des 2. Koalitionskriegs (Frankreich gegen Russland, Österreich, Neapel und England) heimgesucht. Dieser Krieg brachte für unsere Dörfer viele Entbehrungen, da die Truppen einquartiert und verpflegt werden mussten. In politischer Hinsicht klärte sich die Situation im April 1798 als die Verfassung der «Helvetischen Republik» ausgerufen wurde.

In unserer Gemeinde existierten zu dieser Zeit bereits die «Kirchgemeinden» und die «Bürgergemeinden». Neu hinzu kamen die «Einwohnergemeinde», in der alle ortsansässigen Bürger der Helvetischen Republik das Stimmrecht besassen. Vor 1798 wurde nämlich noch penibel zwischen Bürgern und den sogenannten Hintersassen unterschieden. Wer nicht Bürger der Gemeinde war, in der er wohnte, war nur ein Mensch zweiter Klasse. Die Schulgemeinden waren zu dieser Zeit noch nicht gegründet. Die Schulen wurden, wenn überhaupt vorhanden, weiterhin von Privaten oder den Kirchen geführt und betreut.

1803 mit der Mediationsverfassung musste sich der Kanton Thurgau als ehemaliges Untertanengebiet erstmals eine Verfassung geben. Demokratie bedeutete zu dieser Zeit noch nicht, dass jeder mündige Mann wahlberechtigt und wählbar war. Um ein öffentliches Amt zu erlangen, musste man über Vermögen verfügen. Um z.B. in den Kleinen Rat gewählt zu werden, musste man über ein Vermögen von ca. 9'000 Franken verfügen; Gemeindeammann konnte man schon mit 500 Franken werden.

Bei der Gründung des Kantons herrschten zum Teil chaotische Zustände. Der Kanton Thurgau besass bei seiner Gründung nur das Schloss Frauenfeld und 20'000 Gulden. Erschwerend kam hinzu, dass der Kanton zu keinen neuen Einnahmen kam, da die Einführung einer allgemeinen direkten Steuer von 2‰ auf heftigen Widerstand in der Bevölkerung stiess.

Auf Gemeindeebene wurde die frühere Einteilung in Bürger- und Einwohnergemeinde beibehalten. Die Einwohnergemeinde hiess aber neu «Munizipalitätsgemeinde» und die Bürgergemeinde «Einfache Gemeinde».

Nach der Niederlage Napoleons gegen die übrigen europäischen Mächte um 1814/1815 verselbständigten sich die Kantone wieder mehr. In den Thurgauer Gemeinden wurden die Aufgabenbereiche von «Einfacher Gemeinde» und «Munizipalitätsgemeinde» neu geregelt. Die «Munizipalitätsgemeinde» oder «Munizipalgemeinde», wie sie jetzt hiess, hatte vor allem den Auftrag, die staatlichen Aufgaben zu vollziehen. Die «Einfache Gemeinde» oder «Ortsgemeinde», wie sie jetzt genannt wurde, übernahm in den meisten Gemeinden die eigentlichen Verwaltungsaufgaben. In manchen Gemeinden wurde diese Trennung aber auch gar nicht vorgenommen. In Wagenhausen gab es bis 1838 nur die Munizipalgemeinde. Erst zu diesem Zeitpunkt wurden auch die 3 Ortsgemeinden Wagenhausen, Kaltenbach und Rheinklingen gegründet. Da immer noch ein Unterschied gemacht wurde, ob einer Bürger sei oder nicht kam es zur Aufsplitterung der Ortsgemeinde in Ortsbürger- und Ortseinwohnergemeinden.

1847 wurden die Spannungen zwischen den zumeist reformiert-liberalen und den katholisch-konservativen Kantonen unüberbrückbar. Diese Spannungen entluden sich in einem kurzen und glücklicherweise relativ unblutigen Sonderbundskrieg. Der Oberbefehlshaber der thurgauischen Truppen hiess übrigens Johannes Isler und stammte aus Kaltenbach.

Ein Jahr nach diesem Bürgerkrieg wurde der Schweizerische Bundesstaat gegründet. Auf dieser Grundlage funktioniert auch unser heutiger Bundesstaat. Im Thurgau änderte sich vorerst nichts an der Situation. Erst 1869 wurde im Thurgau eine neue Kantonsverfassung eingeführt. Mit dieser Verfassung wurde die Orts- bzw.  Einwohnergemeinde eigentliche Trägerin der Gemeindegewalt. Ihre Kompetenzen wurden deutlich von jenen der Bürgergemeinden abgegrenzt. In vielen Orten übergaben die Bürgergemeinden den Ortsgemeinden ihren gesamten Besitz. Eine Neuregelung der Gemeindegrenzen war nicht vorgesehen.

Im Jahre 1944 erliess der Kanton das Gemeindeorganisationsgesetz. Dennoch gab es weiterhin ein Nebeneinander von Munizipal- und Ortsgemeinden. Die Struktur der Schul- und Kirchgemeinden wurde ebenfalls nicht bereinigt. Nach den Prinzipien dieses Gesetzes war unsere Gemeinde bis zur Bildung der Politischen Gemeinde Wagenhausen 1995 organisiert.

Unsere Gemeinde hat eine Fläche von beinahe 12 km2 (1'182 ha).

Davon sind:

54% oder 641 ha Kulturland
26% oder 308 ha Wald
7% oder 84 ha Verkehrsfläche
6% oder 74 ha Haus, Hof und Garten
5% oder 54 ha Gewässer inkl. Rhein
2% oder 21 ha Unkultiviertes Land
open positions